1. Klasse: Kalvillen, Sorten und Definition

Kalville Apfel

Als Calville oder Kalvill werden sehr duftend-aromatische Apfelsorten bezeichnet, die im 19. Jahrhundert zu den edelsten und beliebtesten Tafeläpfeln zählten. Die Klassifizierung ist bei den damaligen Pomologen leider nicht einheitlich.

Bei J.M. Kohler (1864) werden sie zu den Glanzreinetten gerechnet und umfassen "Echte Calvillen" sowie "Rosen-Calvillen" (Rosenäpfel). Hinkerts Systematisches Handbuch der Pomologie (1865) ordnet sie der Ersten Klasse der Apfelsorten (wie auch Nattermüller) zu bzw. zu den Kantäpfeln. Bei Nattermüller wiederum sind die Rosenäpfel die Vierte Klasse im Apfelsystem (hier hinein gehören bei ihm auch die Kantäpfel) und werden mit den Echten Calvillen nicht in Verbindung gebracht.

Definition Kalvillen (nach Georg Liegel)

Sie ...

  • ...sind sowohl am Kelch als an der Frucht mit sehr sichtbaren, regelmäßigen, meistenteils fünf Rippen versehen.
  • ...haben ein großes, an der Achse geöffnetes, oft sehr unregelmäßiges Kernhaus.
  • ...laufen erst über der Mitte der Frucht zugespitzt gegen den Kelch.
  • ...duften am Baum.
  • ...bekommen im Liegen eine "fette Schale".
  • ...sind nie bloß rein gestreift.
  • ...haben ein feines, leichtes und lockeres Fleisch.
  • ...haben einen duftenden Geschmack, den Erdbeeren oder Himbeeren ähnlich, welchen man mit Kalvillengeschmack bezeichnet.

Die Kalvillen, die man zu den vorzüglicheren Äpfeln zählt, erreichen ihre hohe Güte nur im gebauten Gartenland. Sie taugen nicht für offene Feldanlagen, da der Baum klein und zärtlich ist und gerne krebsig wird. Die Frucht ist sehr anlockend und teils vom Baum essbar. Im Verhältnis zu den übrigen Klassen pflanze man davon nur den zehnten Teil.

Heute

Heute werden Apfelsorten kaum noch klassifiziert. Doch um die Klasse der sogenannten Kalvillen heute einordnen zu können, wäre zu sagen, dass es Sorten von besten Tafeläpfel sind, die man im Kleingarten auch möglichst nur zum Frischverzehr und nicht in Massen anbaut.

Wer an der alten Klassifizierung festhalten möchte, würde z.B. den 'James Grive' als ein besonders robuster Apfel zu den "modernen Kalvillen" zählen.

3 Kalvill-Apfelsorten nach Nattermüller empfohlen

(Otto Nattermüller - Obst- und Gemüsebau, Berlin 1894, Verlag von Paul Parey)

  • 'Weißer Winter-Kalvill', grundfarbige Frucht 76 bis 94 mm breit und 60 bis 70 mm hoch; vorzügliche Tafel- und Marktfrucht für Dezember bis März; Der Baum ist nur für die besten Lage und besonders zur Spalierform geeignet.
  • 'Gravensteiner', gestreifte Frucht von 74 mm Breite und 60 mm Höhe; vorzügliche Tafel- und Marktfrucht (September bis Dezember). Der Baum eignet sich noch für kalte Lagen, verlangt kräftigen, tiefgründigen und genügend feuchten Boden und Schutz gegen Winde; besonders für Hochstamm.
  • Roter Herbstkalvill, dunkelkarminrote, deckfarbige Frucht mittelgroß von 76 mm Breite und 62 mm Höhe (Oktober bis November) Der Baum ist als Hochstamm für raue Lagen und trockenen Boden sehr passend.

Es gibt etwa 30 Kalvillen insgesamt.

Bild oben: Diese Äpfel stammen von einem mindestens 100 Jahre alten Apfelbaum bei Dresden. Vermutlich ist es ein Kalville-Apfel. Es ist ein kantiger Apfel mit weißem Fleisch, sehr gutem Geschmack mit etwas Säure und das Fleisch ist weder knackig noch mehlig. Die Sorte habe ich gesichert und daheim neu veredelt.

Literatur: