Wurzelpetersilie anbauen – Besonderheiten der Kultur

Wurzelpetersilie

Wurzelpetersilie, im Supermarkt als Petersilienwurzel angeboten, wird in unseren Breiten im Kleingarten eher selten angebau. Schon in alten Gartenbüchern schrieb man bereits vor über hundert Jahren, dass diese Gewürzpflanze in manchen Gegenden sehr beliebt, in anderen aber gänzlich unbekannt sei. Genau genommen ist das heute immer noch so, doch das, so hoffe ich, kann sich mit dem Studium des vorliegenden Beitrages ändern. Meiner Meinung nach punktet das Gemüse ungemein mit der Tatsache, dass es sich auch auf dem Balkon und sogar am Küchenfenster ziehen lässt.

Botanik und Eigenschaften

Die Wurzelpetersilie (auch Knollenpetersilie oder Peterwurzen genannt) mit dem botanischen Namen Petroselinum crispum subsp. tuberosum ist eine zweijährige Pflanze und gehört zur Familie der Doldenblüher (Apiaceae).

Wurzelpetersilie, Kraut im November2) Das Gemüse verträgt auch halbschattige Plätze, was entsprechende Standorte überhaupt erst nutzbar macht.

Im ersten Jahr geht der Samen auf, und es bilden sich kräftige Pflanzen aus. Erst im darauffolgenden Jahr treiben sie lange Dolden, in denen der Samen für die zukünftige Generation bis zum Juli ausreift. Wurzelpetersilie ist eine Varietät der bekannteren Blatt-Petersilie (Petroselinum crispum), von welcher wir nur das Kraut in der Küche nutzen. Bei Petroselinum crispum subsp. tuberosum wurde die Wurzel, die bei der Petersilie allgemein zur Rübchenbildung neigt, lediglich weiter in eine möhrenähnliche Form gezüchtet. Mittlerweile gibt es verschiedene Sorten mit mehr oder weniger langen, schmalen Wurzeln (max. 30 bis 35 cm lang und 4 bis 5 cm dick). Sie sollen besonders winterhart sein. Varietäten mit kürzeren, etwas gedrungenen, konischen Rüben sind besonders für die Sommerernte geeignet und schmecken süßer als die länglichen Züchtungen. Unter ihnen gibt es sogar Auslesen mit der Bezeichnung:

Zuckerpetersilie

Diese süße Form wurde in Deutschland bereits im 18. Jahrhundert bei Berlin kultiviert, weswegen man sie auch "Berliner Zuckerpetersilie" nannte. Aus ihr (wie auch aus der Zuckerpastinake) muss wohl tatsächlich ein süßer Sirup hergestellt worden sein – die Kultur und Nutzung der Zuckerrübe war zu jener Zeit noch nicht erfunden. Unter den heute angebotenen Sorten gibt es eine, welche tatsächlich eine große Ähnlichkeit mit den alten Beschreibungen der Berliner Varietät hat. Sie trägt den Sortennamen 'Konika' und hat eine konische, gedrungene Form. Wer sich für den Anbau dieser alten Sorte interessiert, kann den Samen dafür online bestellen.

Verwendung – ein Universalgemüse – Topfpetersilie

Beschrieben und genutzt wurde die Wurzelpetersilie, die aus dem Mittelmeerraum stammt, jahrhundertelang fast ausschließlich als Würzgemüse. Die Rübchen besitzen einen kräftigen Petersiliengeschmack in Verbindung mit Aromen der Möhre und der Pastinake. Dementsprechend kommen sie vor allem als Suppengewürz zum Einsatz. Diese Qualität schätzten die Hausfrauen vor allem in jenen alten Zeiten, wo weder Brühwürfel noch Glutamat bekannt waren. Wenn wir heute die Qualitäten der alten bäuerlichen, wie bürgerlichen Küche neu entdecken wollen, so müssen wir auch die Wurzelpetersilie wiederentdecken und mit ihr ähnliche alte Aromapflanzen. Ziemlich unbekannt ist, dass die Wurzeln auch wie Möhren zubereitet werden können, jedenfalls haben es unsere Altvorderen so gemacht. Natürlich war es kein Gemüse für jeden Tag, sondern eine Delikatesse. Überhaupt boten die alten, gut sortierten Küchengärten neben der Wurzelpetersilie Feinkost verschiedenster Art. Allein bei den Wurzelgemüsen will ich da an Gold-, Klett-, Zucker-, Schwarz- und Haferwurzeln, Raponika, Kerbelrüben, Rapunzelrüben und andere Rübenarten erinnern. Da gab es nicht (wie heute bei manchen) jeden Tag diese eintönige Industrienahrung aus Kartoffeln, Weizen, Öl, Salz, Zucker, Glutamat und Chemie. Da gab es durchaus Vielfalt [1] auf dem Teller. Die alten Zeiten waren oft gar nicht immer so düster, wie man es uns gern glauben machen will. Doch nun zurück zur nächsten Nutzungsmöglichkeit.

Topfpetersilie3) Die Wurzeln in einen Topf gesetzt (hier frisch gepflanzt), treiben im Winter am Fenster reichlich Blätter.

Die dritte Art der Nutzung ist die Verwendung der Blätter als Würzkraut. Das Laub schmeckt etwas kräftiger als das der üblichen krausen Petersilie, ist aber ebenso verwendbar. Im Sommer wird es direkt vom Beet geerntet, wobei darauf geachtet werden muss, dass stets einige Blätter an der Pflanze verbleiben. Im Herbst, wenn die Wurzeln voll ausgebildet sind und geerntet werden, können die Blätter komplett den Weg in die Küche finden. Wer den Geschmack etwas derb findet, dem rate ich, einfach weniger zu nehmen und das Kraut feiner zu schneiden.
Für Selbstversorger kann der Anbau der Wurzelpetersilien noch eine besondere Bedeutung haben. Denn wir verfügen mit der Pflanze auch über ein Würzkraut für den Winter. Eine oder mehrere Wurzeln, eingesetzt in einen Blumentopf oder eine Pflanzschale, liefern uns am Küchenfenster reichlich Blätter für die Küche, wie im Bild 3) zu sehen ist. Es muss also nicht ausschließlich Gartenkresse sein, die uns im Winter mit frischen Vitaminen versorgt.

Anbauanleitung

Standort/Boden/Dünger

In alten Gartenbüchern wird erwähnt, dass die Wurzelpetersilie auch für Halbschatten, wie im Bild 2) zu sehen, geeignet ist. Das gelingt nach meiner Erfahrung nur, wenn überwiegend das Laub geerntet wird und kleine Wurzeln, wie im Bild 1) zu sehen, für die Topfkultur im Winter gewonnen werden sollen. Wer Wert auf große, kräftige Wurzeln legt, sollte den Pflanzen volle Sonne gönnen.
Wurzelpetersilie mag Böden, die tiefgründig und nährstoffreich sind, also Gartenböden in guter Kultur und mit genügend Kalk (pH 7,0). Wie bei den Möhren auch darf nie mit frischem Stallmist gedüngt werden, denn dadurch bekommen die Wurzeln sogenannte Rostflecken. Überhaupt wird vor und während der Kultur nicht gedüngt, weil sonst viele kleine Nebenwurzeln treiben. Die Rüben sollen in die Tiefe gehen und dort ihre Nährstoffe suchen, damit sie groß und kräftig werden.

Aussaatzeitpunkt

Die Kultur der Petersilienwurzeln gelingt nicht immer. Ich vermute, dass der optimale Zeitpunkt der Aussaat regional verschieden sein kann. Aus diesem Grunde sollte jeder, der sich für den Anbau interessiert, zuerst einmal verschiedene Aussaattermine mit unterschiedlichen Sorten testen. Nur so kann man herausfinden, welche Sorte sich für die Region und Lage eignet, und wann der optimale Zeitpunkt für die Saat ist.
In älterer Literatur ist zu lesen, dass eine sehr frühe Aussaat für das Gelingen der Kultur nötig ist. Sie soll so zeitig als möglich im Jahr erfolgen, das heißt bereits im Februar. Somit ist die Saat der Wurzelpetersilie die erste aller Kulturen im Kleingarten, so raten es jedenfalls die alten Gartenbauexperten. Ich selber habe bisher so verfahren, allerdings mit mäßigem Erfolg. Nach neuerer Literatur sät man das Gemüse im März, April und sogar noch im Mai, was vermutlich nur mit den oben schon erwähnten, gedrungenen Sorten möglich ist.
Tatsache ist, dass die Samen sehr lange zur Keimung benötigen und sich auch das Kindheits- und Jugendstadium der Sämlinge sehr lange hinzieht. Das kann meiner Meinung nach durchaus ein Hinweis sein, dass auch die Spätsommeraussaat von August bis September erfolgreich ist, die mitunter auch bei den Schwarzwurzeln angewendet wird. Auf einer ungarischen Internetseite habe ich davon gelesen. Es wird empfohlen, Wurzelpetersilie erst im Spätsommer auszusäen und sie als sehr kleine Pflänzchen überwintern zu lassen. Im Folgejahr entwickeln sie sich dann umso schneller. Das kann aber auch stark von den klimatischen Bedingungen abhängen. Wer möchte, kann das ja einmal probieren, zudem die Wurzelpetersilie (landessprachlich fehér répa – übersetzt "Weiße Rübe") zur ungarischen Küche gehört wie Tomaten, Paprika und Knoblauch, und vermutlich macht sie auch einen Großteil des Aromas in der ungarischen Gulaschsuppe aus.

Wurzelpetersilie selber angebaut4) Wurzelpetersilie anzubauen ist nicht ganz einfach. Hier meine ersten Erfolge.

Petersilie zählt zu den Dunkelkeimern und darf nicht zu flach gesät werden. Aus diesem Grund sät man am besten in Reihen mit einem Abstand von 25 bis 30 und einer Tiefe von einem Zentimeter, schließt die Saatrillen und drückt anschließend die Erde gut fest. Der Pflanzabstand sollte auch nicht zu dicht sein, also mindestens acht bis zehn Zentimeter. Je mehr Platz die Wurzeln haben, um so gewaltiger werden sie. Je nach der Aufteilung und Breite der Beete können wir mit dem Maß auch auf 15 Zentimeter Reihen- und 20 bis 25 Zentimeter Pflanzabstand gehen. Selbst die breitwürfige Saat ist möglich (siehe Mischkultur mit Spargel), doch muss der Samen anschließend gut in den Boden eingearbeitet werden. Die Keimdauer beträgt bei 15 bis 20°C gut 20 Tage, bei kühlerem Wetter dauert es entsprechend länger.
Eigene Saatzucht: Von der Art kann leicht Samen gezogen werden, indem man einige Wurzeln in Boden überwintern lässt. Diese setzen reichlich Samen an, der nur zwei bis drei Jahre keimfähig ist. Er sollte nie überaltert gesät werden.

Pflege

Nachdem die Samen aufgegangen sind, darf die Kultur nicht trocken stehen, bis die Wurzeln einige Tiefe erreicht haben. Es muss also regelmäßig gegossen werden, doch auch nicht im Übermaß. Zur Pflege ist sonst nicht viel zu sagen. Vor allem muss das Unkraut entfernt werden. Das verbinden wir am besten mit einer regelmäßigen flachen Bodenlockerung.

Ernte

Die früheste Ernte ist Ende August möglich, und die Haupternte erfolgt dann im Oktober. Anschließend können die Wurzeln, ähnlich wie Möhren, in Sand eingeschlagen, in einem kühlen Keller zum Verbrauch bereitliegen. Da Petersilienwurzeln winterhart sind, können sie auch auf dem Beet verbleiben und bei frostfreiem Wetter ausgegraben werden. Das macht sie für Selbstversorger mit wenig Lagerkapazität unkompliziert und sehr brauchbar. Überwinterte Wurzeln können noch bis in den April ausgegraben und verbraucht werden. Anschließend beginnen sie zu treiben und rasch Blüten und Samen zu bilden.

Mischkultur und Vorkultur

Mit dem Mischkulturanbau bin ich über die Jahre etwas vorsichtig geworden, da das Nebeneinandersetzen von Gemüsekulturen nicht immer die Erfolge bringt, die versprochen werden. Theoretisch ist zwar die Kombination mit Tomaten und Porree möglich, doch diese beiden Gemüse haben einen höheren Düngebedarf als die Petersilie. Das kann zu Problemen führen. Die Mischkultur mit Zwiebeln hingegen ist empfehlenswert. Zu beachten ist, dass vor dem Anbau (Vorkultur) von Wurzelpetersilie kein anderer Doldenblüher (Apiaceae) auf dem Beet stand. Das sind zum Beispiel Möhren, Pastinaken und Formen des Selleries.

Sorten

  • 'Arat' – schnellwüchsigste Sorte
  • 'Halblange' – alte Sorte mit gedrungener Form; weiße Haut; geeignet für frühe Ernten
  • 'Konika' – Zuckerpetersilie; konische Wurzel; am Schaft sehr dick, dann schnell schmal werdend
  • 'Lange' – lange, dünne Form; wüchsig; sehr frosthart und gut lagerfähig
  • 'Lange Oberlaager' – Sorte aus Österreich; schnellwüchsig
  • Hanacka – resistent gegen Mehltau, deshalb besonders gut für halbschattige Standorte; mittellang
  • 'Osborne' – schneeweiße Wurzeln; konisch und lang; verträgt Trockenheit
  • 'Rum von Erfurt' – alte Sorte mit krausen Blättern (sieht wie die klassische krause Petersilie aus)

Literatur und weitere Hinweise

[1] Die Vielfalt in den Gemüsearten war früher auch eine Versicherung gegen Missernten. Wurde eine Kultur zum Beispiel von Schädlingen oder Umwelteinflüssen vernichtet, so gab eine andere dafür Ersatz.

[2] D. Johann Gottlieb Gleditsch – Betrachtung über die Beschaffenheit des Bienenstandes in der Mark Brandenburg. Nebst einem Verzeichnisse von Gewächsen, aus welchem die Bienen ihren Stoff zum Honig und Wachse einsammeln. Verlegt von Johann Friedrich Hartknoch, Riega und Mietau 1769

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