Der Garten als Allegorie in Kunst und Religion

Gottvater zeigt Adam Paradies, Gemälde Arnold Böcklin

In der Kunst ist der Garten oft Allegorie für das Paradies, für die Gefilde der Seligen, die Wohnung der Seelen. Er ist Symbol für die Lebensentfaltung und in vielen Religionen bildet er einen Teil der Urzeitmythen. Der Schöpfer des Lebens ist selber der Gärtner, und in der Mitte seiner Schöpfung befindet sich der lebenspendende Baum, die Frucht oder die Blume des Lebens.

 

Zur Symbolik

Der Garten ist auch Symbol für die menschliche Seele und für die Eigenschaften, die in ihr herangezogen werden, sowie für die gezähmte und geordnete Natur. Umzäunte Gärten sind das weiblich schützende Prinzip, sie verkörpern die Jungfräulichkeit.

Römische Kultur – Umzäunte Begräbnisgärten betrachtete man als das Gegenstück zum Elysium. Irdische Festmähler in diesen Friedhofs-Gärten, die zu den Totenfesten abgehalten wurden, sollten die elysischen Gelage symbolisieren. In diesen Gärten war häufig Wein angepflanzt, aus dem einerseits Trankopfer für die Götter zubereitet wurden, der andererseits aber auch als Symbol für Leben und Unsterblichkeit war. Rosen pflanzte man als Zeichen des ewigen Frühlings.

Christliche Mystik/Kunst/Religion – Der umschlossene Garten ist ein Symbol für die Jungfrau Maria.

Das Paradiesgärtlein2) Das Paradiesgärtlein (Oberrheinischer Meister) um 1415.

Hermeneutik – Der "Logos" ist der gute Gärtner des Lebens, der die Blüte des neuen Lebens zur Frucht gedeihen lässt.

Weltbild der Inka – Der "Garten der Sonne" ist ein solches Weltbild. Garcilaso de la Vega berichtete (1609) von einer goldenen Nachbildung, welche die Inka angefertigt hatten: "Jener Garten war zur Zeit der Inka ein Garten aus Gold und Silber, wie ihn auch die Königshäuser hatten, und darin standen viele verschiedenartige Kräuter und Blumen, viele kleine Pflanzen und viele große Bäume, viele große und kleine Tiere, wilde und zahme, und kriechendes Getier, wie Schlangen, große und kleine Eidechsen und Schnecken, Schmetterlinge und kleine Vögel sowie andere große Vögel der Lüfte, ein jedes Ding an dem Platz, wo es die nachgeahmte Natur am getreuesten wiedergab. Es gab da ein großes Maisfeld und ein Feld mit der Kornfrucht, die sie quinua nennen, und andere Gemüsearten und Obstbäume, die Früchte ganz aus Gold, Silber, der Natur nachgebildet."

Islamische Mystik/Kunst/Religion – Die vier Gärten des Paradieses: Garten der Seele, des Herzens, des Geistes und des Wesens verkörpern die mystische Reise der Seele.

Daoistische Mystik/Kunst/Religion – Miniaturgärten sind ein irdisches Abbild des Paradieses. Künstliche Teiche in den chinesischen Gartenanlagen besitzen häufig Inseln und symbolisieren die "Inseln der Seligen".

Zen-Buddhismus – Betrachtungsgärten dienen der Meditation. Dazu legt man meist sehr stilistisch gestaltete Gärten an, wie im Bild 3) zu sehen. Auch für die Teezeremonie der Japaner werden spezielle Gärten angelegt.

stilistischer Zengarten3) Zengarten

Der Garten selber ist Kunst:

Als Nachahmung der Natur oder besser als der Versuch der Nachahmung jenes großen, göttlichen Schöpfungswerkes und der ihr innewohnenden Lebensentfaltung mag unser Garten ein Symbol sein. Dazu können die bedenkenswerten Worte von Goethe aus Wilhelm Meisters Lehrjahre hilfreich sein: "Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, denken schwer; nach den Gedanken handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Der Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn, er lernt spielen, der Ernst überrascht ihn. Die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltener geschätzt."